Nun sitze ich also doch hier in Paris. Ich, die ich von mir dachte, dass Au-pair ja wohl die allerletzte Option für mein Auslandsjahr sei. Putzen und verwöhnte Kinder betreuen - nein Danke! Die einen Haufen Schauergeschichten auf Lager, aber sonst weiter keine Ahnung hatte. Die, nachdem alles andere nicht geklappt hatte (freiwilliges soziales Jahr, Stipendium für ein Schuljahr in Norwegen) vor der Wahl stand, völlig überstürzt ein Studium anzufangen oder.... . Ja, oder vielleicht trotz allem den alten Traum von der Stadt der Liebe wahr zu machen. Und die einfachste Möglichkeit, die mir einfiel, war, dann also doch Au-pair. Meine Familie zeigte sich alles andere als begeistert, schließlich kannten sie dieselben Schauergeschichten, wie ich. Doch nachdem ich im Internet den vij entdeckt hatte und diese Organisation sich als christlich und non-profit erwies, konnte ich sie beruhigen. Ganz wichtig, denn es gibt so viele kommerzielle Organisationen, die gerade mal eine Internetadresse haben!

Tütensuppe im vij-Büro

Erst einmal vor Ort, zeigte sich, dass ich eine gute Wahl getroffen hatte: Wie oft saß ich in den ersten Wochen völlig aufgelöst und todunglücklich im Organisationsbüro auf der Couch, habe Unmengen von Tütensuppe gelöffelt (merci, d'ailleurs :o)) und mich ausgeheult. Es war nämlich alles andere als einfach. Im Gegenteil! Meine "Chefin" stand als alleinerziehende Mutter unter Dauerdruck und war entsprechend freundlich, ich hatte einen Haufen Dinge, auf die ich achten sollte und einen unheimlich straffen Zeitplan mit genauen Angaben, beispielsweise Baden von 18h15 bis 18h45, zu bewältigen. Und noch dazu die Hausaufgaben mit zwei Jungs gleichzeitig, in einer Sprache, von der du bestenfalls Brocken verstehst. Oh, da war ich dankbar, Birgit und Verena vom vij vor Ort zu haben und ich genau wusste, dass ich im Zweifelsfall sofort die Familie hätte wechseln können. Wäre das nicht so gewesen, ich glaube, ich hätte abgebrochen.

Paris ist genial!

Doch - trotz allem und sowieso - Paris ist genial! Den ganzen September und Oktober schönes Wetter und Unmengen an Leuten, mit denen man was unternehmen konnte. Denn das ist auch eine der schönen Seiten am Au-pair-Dasein: Unheimlich viel Freizeit und die Möglichkeit so viele (hauptsächlich) Mädchen kennen zu lernen, die in derselben Situation sind und mitunter genauso verzweifelt. Man schließt engere Freundschaften und fasst schneller Vertrauen als zu Hause, weil man aufeinender angewiesen ist. Die anderen Mädels sind für dieses eine Jahr meine Familie geworden.

Au-pair lohnt sich auf jeden Fall

Also, das Au-pair-Dasein ist nicht immer ein Zuckerschlecken, und die ersten drei Monate sind durchaus hart, aber es lohnt sich auf jeden Fall, denn nach dem Jahr bist du erwachsener, verantwortungsbewusster und an Erfahrungen reicher, als du es dir vorher überhaupt vorstellen kannst. Und selbst die grummeligste Madame wird angesichts völlig begeisterter Kinder, die jeden Abend zumindest relativ pünktlich im Bett liegen, weich. Mein Höhepunkt bis jetzt war eine herrlich improvisierte Feier an meinem Geburtstag mit einem Keks als Kuchen und einer singenden Gastfamilie. Niemals hätte ich im September erwartet, dass ich jetzt, im April, mit so viel Wehmut an den nahenden Abschied denken würde.